Der zweite Marathon

Heute morgen ging es zum zweiten Marathon innerhalb von vier Wochen, den Frankfurt-Marathon. Nach Berlin habe ich 1,5 Wochen regenerativ trainiert, danach nochmal 1,5 Wochen extensives Training mit einem 35km-Lauf mit einer Endbeschleunigung von 15km auf vollem Marathon-Tempo (4:57 min/km). Danach noch eine weitere regenerative Woche vor dem Frankfurt-Marathon.
Glücklicherweise war der Start nur 700m von meiner neuen Wohnung entfernt, sodass ich mir gar keinen Stress machen musste. Gelaufen bin ich zusammen mit meinem Kumpel Willi, mit dem ich eigentlich schon den Hamburg-Marathon laufen wollte. In der etwas chaotischen Startaufstellung fanden wir dennoch den 3:29:00 Pace-Läufer, dem wir möglichst bis ins Ziel folgen wollten. Die ersten Kilometer führten in einer Schleife durch die Innenstadt von Frankfurt. Der Pace-Läufer legte auf den ersten km Zeiten von ungefähr 4:50 hin, was uns/mir eigentlich etwas zu schnell war, ich wollte mein Pulver nicht gleich am Anfang verschießen. Dennoch sind wir ihm gefolgt, so rein psychisch ist ein Zugläufer schon sehr wertvoll. Bei km 12 ging es dann über den Main und das erste Mal spürte ich meine Waden, wieder das bereits vom Frankfurter Halbmarathon im März bekannte Zwicken in der rechten Wade. Der Zugläufer lief immer noch Zeiten um 4:50 pro km und ich fühlte mich schon nicht mehr allzu gut. Dummerweise (oder im nachhinein vielleicht auch glücklicherweise) funktionierte meine Pulsuhr trotz codierter Übertragung nicht, sodass ich dazu gezwungen war, nach Gefühl zu laufen. Und das sagte mir bei km 20, dass ich nicht mehr kann. Meine innere Stimme sagte mir, dass die Erholungszeit nach dem Berlin-Marathon wohl doch zu kurz war und dass ich die 3:29:00 auf keinen Fall schaffen werde. Ich war wirklich kurz davor, aufzugeben, weil ich beim Halbmarathon (1:44:22) wirklich nicht dachte, dass ich das nochmal für die selbe Strecke aushalte. Aber so ab km 25 sah ich auf einmal wieder Licht am Ende des Tunnels. Dem Pace-Läufer, zu dem ich vorher gute 100m Abstand hatte, kam ich plötzlich immer näher, ohne das Gefühl zu haben, schneller zu laufen. Auch die Schmerzen waren auf einmal weg. Und bei km 27 hat es dann Klick gemacht: Ich wusste, dass ich im Training die letzten 15km auf Marathon-Geschwindigkeit durchgehalten hatte und dass es nur noch 75 Minuten bis ins Ziel sind. Plötzlich hatte ich das Gefühl und die Sicherheit, dass ich die 3:29:00 schaffen werde. Immer wieder habe ich mir an jedem Kilometerschild gesagt: Nur noch xx Minuten bis ins Ziel, Du hast das schon in der Endbeschleunigung geschafft. Und ich musste an einen Satz von Herbert Steffny denken: „Du willst doch nicht wegen einer halben Stunde schwerer Beine die Arbeit und das Training von einem halben Jahr versauen!“. Und diesen Kampf gegen mich selbst habe ich echt gewonnen.

Bei km 35 Stand mein Schatz an der Strecke und hat Fotos gemacht, für einen kurzen Kuss hat es auch noch gereicht. Auf den letzten km habe ich mich dann in einen Rausch gelaufen und noch richtig viele Läufer abgezogen. Meine letzten km bin ich in 4:39 gelaufen, ich dachte echt ich spinne, als ich die km-Zwischenzeiten auf meiner Uhr gesehen habe. Ich nahm mir vor, beim Zieleinlauf, der direkt in die Festhalle führt, 10m vor der Ziellinie aufzuhören zu laufen, um den Moment richtig zu genießen. Natürlich habe ich das nicht gemacht, sondern bin bis zur Ziellinie durchgelaufen, meine Zeit lag bei exakt 3:28:00, damit bin ich den zweiten Halbmarathon in nur 1:43:38 gelaufen, also 44s schneller als die erste Hälfte und nur 52s langsamer als meine aktuelle Halbmarathon-Bestleistung. Als ich dann endlich über die Ziellinie gelaufen war und die Zeit auf meiner Uhr gesehen habe, ist mir erstmal ein Urschrei entfahren, so habe ich mich über meine Zeit und über den Sieg gegen meine innere Stimme gefreut. Insgesamt bin ich auf Platz 1879 von ungefähr 11.500 Läufern gekommen, gehöre also zu den besten 16,5%. 

Heute, einen Tag später, geht es mir ansich prächtig. Meine Beine schmerzen absolut gar nicht, nach Berlin hatte ich ja noch ein leichtes Ziehen in den Oberschenkeln gespürt. Meine Waden sind auch ok, wobei ich dem Problem mit der rechten Wade nun mal endgültig auf den Grund gehen muss. Lediglich mein linker Fuß tut ordentlich weh, das liegt einerseits an meinem Sichelfuß und andererseits an den Asics DS Racer Schuhen, die zwar extrem leicht waren und sich sehr gut liefen, aber eben doch auch spürbar weniger dämpfen. Diese Reizung des Mittelfußknochens ist bis morgen aber sicher wieder weg.

Insgesamt kann ich also mit der Laufsaison 2007 sehr zufrieden sein. Ich bin zwei 10km-Rennen, einen Halbmarathon und zwei Marathons gelaufen, und das in Anbetracht meines Leistungsvermögens im April 2006 sogar in ziemlich guten Zeiten. Den Bänderriss im Frühjahr habe ich gut auskuriert, auch das war nicht unbedingt selbstverständlich. Mal sehen, was das nächste Jahr lauftechnisch mit sich bringt. Ich kann noch nicht abschätzen, wieviel Zeit ich neben dem Job zum Trainieren haben werde. Für den Frankfurter Halbmarathon am 02. März 2008 habe ich mich auf jeden Fall schonmal angemeldet, und vielleicht kommt ja noch der Hamburg-Marathon dazu. Ansonsten hätte ich natürlich schon Bock, im Laufe der Jahre die vielen internationalen Marathons abzuklappern, aber das ist echt Zukunftsmusik.